DeGPT-Jahrestagung
2004
Erstmals findet heuer die Jahrestagung der „Deutschsprachigen Gesellschaft
für Psychotraumatologie“ (DeGPT, www.degpt.de)
vom 3.-5. September in Wien statt. Die vergleichsweise „junge“ wissenschaftliche
Organisation beschäftigt sich mit den psychischen Folgen traumatischer
Ereignisse, ein Themenkreis, der durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse
ständig an Bedeutung gewinnt. Dies trifft nicht nur auf die Folgen
von Katastrophen zu, die uns die Medien täglich ins Wohnzimmer liefern,
sondern auch auf die Folgen kleiner Unfälle, die viel menschliches
Leid hervorrufen, das noch immer nicht erkannt wird. Es ist selbstverständlich
einem Schwerstverletzten bei einem Unfall „Erste Hilfe“ zu leisten,
die schweren Verletzungen der menschlichen Seele bleiben meist unbehandelt,
weil sie nicht ausreichend wahrgenommen werden.
Bis zu 12 Millionen Menschen im deutschsprachigen Europa sind von
der PTSD betroffen. Auslöser sind verschiedene „Extrem-Stress-Ereignisse“
wie der plöztliche Verlust eines Verwandten, Verkehrsunfälle, Gewalt
in der Familie, Naturereignisse oder Extrem-Ereignisse wie Kaprun
oder Madrid.
Zahlreiche internationale Experten sind gekommen. Heute freuen
wir uns über die prominent besetzte Eröffnungspressekonferenz. Im
Besonderen möchte ich anführen: Dr. Guido Flatten (Aachen) – Präsident
der DeGPT, Prof. Dr. Dean Ajdukovic (Zagreb) – Präsident der ESTSS
(European Society for Traumatic Stress Studies, www.estss.org),
Prof. Dr. Alexander Friedmann –ESRA (www.esra.at) sowie Prof. Dr.
Rita Rosner – Balkanexpertin aus München (www.paed.uni-muenchen.de/~rosner/index).
Rund 500 TeilnehmerInnen werden an der großen Zahl von Veranstaltungen,
Seminaren und Workshops teilnehmen.
Entsprechend der vielfältigen Hintergründe der „posttraumatischen
Belastungsstörung“ (PTSD, post traumatic stress disorder) ist das
Programm thematisch sehr breit angelegt. Es reicht von Themen wie
häuslicher Gewalt über Körperbildstörungen nach Trauma (z. B. Anorexie),
Therapieevaluation sowie Online-Psychotherapie bis zur Problematik
der Traumatisierung von Einsatzkräften und des psychosozialen Akutfalls
in der Notfall-Medizin, um nur einige Beispiele zu nennen.
Es gilt noch immer als wenig bekannt, dass – um nur ein Beispiel
herauszunehmen - Essstörungen wie Anorexie oder Bulimie ihre Wurzeln
auch in einem traumatischen Ereignis haben können. Da dies aber
vielfach nicht gewusst wird, wird es auch nicht diagnostiziert und
daher nicht behandelt. Auf den vielen Fortbildungsveranstaltungen,
die wir in den letzten Monaten abgehalten haben, mussten wir leider
feststellen, dass es sogar im Bereich der Gerichtssachverständigen
zu Psychiatriefragen noch Defizite im Basiswissen rund um das PTSD
gibt.
Daher stößt das im psychiatrischen Klassifikationssystem ICD-10
schon seit 1992 klar definierte Krankheitsbild der „Posttraumatischen
Belastungsstörung“ oder „Posttraumatic Stress Disorder“ noch immer
auf zuwenig Verständnis. Wissenslücken bei ÄrztInnen, PsychologInnen,
PsychotherapeutInnen, medizinischem und sozialem Personal, Juristen
oder anderen von den Folgen betroffenen Berufsgruppen führen häufig
zu spätem Erkennen oder Fehlbehandlung massiver Störungen, die bis
zur Persönlichkeitsveränderung reichen können. Veranstaltungen wie
diese sollen Bewusstsein und Wissen fördern bzw. es vertiefen.
Ass.
Prof. Dr. Brigitte Lueger-Schuster
Inst. f. Klin. Psychologie, 1010 Wien, Universitätsstr. 7
Tel.: +43 – 1 - 4277-47891, Fax: +43 – 1 - 4277-47899 , Email: brigitte.lueger-schuster@meduniwien.ac.at
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